So einfach ist das mit der „Interoperabilität“
Earlier this week, Frankfurter Allgemeine Zeitung published an opinion article on interoperability which I thought missed some key information. I’ve sent this letter to the editor to fill it in (Deutsche Version folgt).
SIR — Torsten Gerpott is right to say in his Dec. 13 column that a legal mandate for “interoperability” (between digital services like instant messaging) is not that simple. But the five objections he raises all have a simple answer:
1. It’s easy for messenger services to let users control who can send them messages, whether from the service itself or from an interoperable competitor. Apple’s iMessage, WhatsApp and Signal (to name just three) already have such features. And the VZBV survey cited shows that the two most important reasons for choosing messenger services are that it can reach the most contacts (78%) and that it can reach specific people/groups (41%). This is a high hurdle for new messenger services to overcome without an interoperability requirement for the very largest platforms such as WhatsApp (which, according to the same survey, is primarily used by 84% of respondents, well ahead of Facebook Messenger at 5%).
2. There is broad consensus that interoperability requirements should only apply to the core functions of the largest digital platforms, leaving room for innovation and product differentiation. And communication protocols like XMPP are designed to be easily extended over time as new features are added. The EU already has a standards regulation to ensure that standards development is open, transparent and consensus-based. It would be up to smaller competitors alone to decide whether to invest in making their products interoperable.
3. Interoperability does not require a single identity system, but simply an address format by which users of interoperable systems can refer to each other, probably based on the same domain name system which e-mail is based on today.
4. Existing European law (the GDPR) would strictly limit the use of metadata by services processing messages to or from users of interoperable third-party systems. If necessary, further protections could be included in the forthcoming EU ePrivacy Regulation or in laws mandating interoperability, such as the Digital Markets Act (DMA) or the proposed US ACCESS Act.
5 Interoperability does not change the obligations of services under laws such as the Network Enforcement Act (NetzDG) to apply their criteria to block hate speech and harmful false messages, whether they originate from their own service or an affiliated interoperable service. There is no need for an industry-wide agreement on criteria.
Several studies on digital competition, including those for the European Commission and the governments of Germany and the United Kingdom, have recommended interoperability requirements as an important means of reintroducing competition in digital markets. The ongoing debate on how such requirements can be most effectively designed is welcome. However, it should be based on a clear understanding of the facts.
Prof. Dr. Ian Brown
Torsten Gerpott hat Recht, wenn er in seiner Kolumne vom 13. Dezember sagt, dass ein gesetzliches Mandat für “Interoperabilität” (zwischen digitalen Diensten wie Instant Messaging) nicht so einfach ist. Aber die fünf Einwände, die er vorbringt, haben alle eine einfache Antwort:
1. Für Messenger-Dienste ist es einfach, den Nutzern die Kontrolle darüber zu überlassen, wer ihnen Nachrichten senden kann, sei es vom Dienst selbst oder von einem interoperablen Konkurrenten. Apples iMessage, WhatsApp und Signal (um nur drei zu nennen) verfügen bereits über solche Funktionen. Und die zitierte VZBV-Umfrage, dass die beiden wichtigsten Gründe für die Wahl von Messenger-Diensten darin bestehen, dass die meisten Kontakte damit erreicht werden können (78 %) und dass bestimmte Personen/Gruppen damit erreicht werden können (41 %). Dies ist eine hohe Hürde für neue Messenger-Dienste, die ohne eine Interoperabilitätsanforderung für die allergrößten Plattformen wie WhatsApp (das laut derselben Umfrage von 84 % der Befragten hauptsächlich genutzt wird, weit vor dem Facebook Messenger mit 5 %) nicht zu überwinden ist.
2. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass Interoperabilitätsanforderungen nur für die Kernfunktionen der größten digitalen Plattformen gelten sollten, damit Raum für Innovation und Produktdifferenzierung bleibt. Und Kommunikationsprotokolle wie XMPP sind so konzipiert, dass sie im Laufe der Zeit leicht erweitert werden können, wenn neue Funktionen hinzukommen. Die EU hat bereits eine Normungsverordnung, um sicherzustellen, dass die Entwicklung von Normen offen, transparent und konsensbasiert ist. Es wäre allein den kleineren Wettbewerbern überlassen, ob sie in die Herstellung der Interoperabilität ihrer Produkte investieren wollen.
3. Für die Interoperabilität ist kein einheitliches Identitätssystem erforderlich, sondern lediglich ein Adressformat, mit dem die Nutzer interoperabler Systeme aufeinander verweisen können, wahrscheinlich auf der Grundlage desselben Domänennamensystems, auf dem die E-Mail heute basiert.
4. Bestehendes europäisches Recht (die DSGVO) würde die Verwendung von Metadaten durch Dienste, die Nachrichten an oder von Nutzern interoperabler Drittsysteme verarbeiten, streng einschränken. Falls erforderlich, könnten weitere Schutzmaßnahmen in die bevorstehende ePrivacy-Verordnung der EU oder in Gesetze aufgenommen werden, die Interoperabilität vorschreiben, wie das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) oder der vorgeschlagene US ACCESS Act.
5. Die Interoperabilität ändert nichts an den Verpflichtungen von Diensten nach Gesetzen wie dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), ihre Kriterien zur Sperrung von Hassreden und schädlichen Falschnachrichten anzuwenden, unabhängig davon, ob sie von ihrem eigenen Dienst oder einem angeschlossenen interoperablen Dienst stammen. Es besteht keine Notwendigkeit für eine branchenweite Vereinbarung über Kriterien.
In mehreren Untersuchungen zum digitalen Wettbewerb, u. a. im Auftrag der Europäischen Kommission und der Regierungen Deutschlands und des Vereinigten Königreichs, wurden Interoperabilitätsanforderungen als wichtiges Mittel zur Wiedereinführung des Wettbewerbs auf den digitalen Märkten empfohlen. Die laufende Debatte darüber, wie solche Anforderungen am effektivsten gestaltet werden können, ist zu begrüßen. Sie sollte jedoch auf der Grundlage eines klaren Verständnisses der Fakten geführt werden.
Prof. Dr. Ian Brown